Widerstand in Besatzungsgefängnissen & Jerusalem — Weekly Summary, 01.05.2021

Occupied News
8 min readMay 2, 2021

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Ein Palästinensischer Gefangener erlangt durch Hunger seine Freiheit wieder, ein weiterer kann sich nach 45 Tagen Hungern nicht mehr ohne Rollstuhl bewegen, aber immerhin durfte er endlich seinen Anwalt sehen. In Jerusalem schränkt die Besatzung weiterhin massiv die Glaubensausübung muslimischer Palästinenser*innen zum derzeitigen Ramadan sowie christlich-orthodoxer Palästinenser*innen zum jetzigen Osterfest massiv ein & attackiert auch Priester. Bei Demonstrationen gegen Besatzung & Siedlergewalt wurden allein in Jerusalem 177 Palästinenser*innen verletzt, darunter Rettungssanitäter*innen & Journalist*innen. In Gaza attckierten erneut isr. Kanonenboote pal. Fischer, einer wurde verletzt — & jetzt darf auf Anordnung Israels kein Boot mehr aus dem Hafen ablegen — eine Katastrophe für 70.000 Fischer in der abgerieglten Küstenenklave, die am Existenzminimum leben. Das & über 214 Menschenrechtsverletzungen: Was in der Woche vom 22.-28.04.2021 im historischen Palästina passierte.

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Politische Gefangene: Der inhaftierte Palästinenser Musaab Alhour (33) hat seinen Hungerstreik erfolgreich nach 16 Tagen beendet, nachdem die Besatzung ihm garantiert hat, dass er bis 04.05.2021 freigelassen wird. Musaab wurde am 14.04.2021 willkürlich an einem Checkpoint verhaftet &in Administrativ genommen. Administrativhaft ist Willkürhaft ohne Anklage, ohne Nennung von Gründen oder Beweisen & ohne Gerichtsverfahren & beliebig oft verlängerbar. Er hat insgesamt 10 Jahre in isr. Besatzungsgefängnissen verbracht. Zwei weitere Palästinenser befinden sich derzeit im Hungerstreiks: Imad Sawarkeh (37) seit 45 Tagen & der Journalist Alaa Al Riemawy seit 8 Tagen. Imads Anwalt konnte ihn vor ein paar endlich Tagen besuchen. Sein Mandant braucht nun einen Rollstuhl, hat mehr als 18 kg verloren & leidet von weiteren gesundheitlichen Beschwerden, die der Hunger mit sich bringt.

Besatzungsgewalt: 139 Mal fiel die isr. Besatzungsarmee in Ortschaften des Westjordanlandes, einschließlich Jerusalems, ein: Dabei wurden 150 pal. Zivilisten willkürlich verhaftet, darunter 12 Kinder, 2 Journalisten, ein Schriftsteller (Mofeed Taher Jalghoum (53)) & ein Sanitäter. Viele Zivilisten wurden bei willkürlichen nächtlichen Razzien pal. Familienhäuser durch die isr. Armee verhaftet. Diese Razzien sind durch exzessive Gewaltanwendung, Verwüstung, Waffeneinsatz, Angriffe auf & Misshandlungen von Zivilisten durch die Soldat*innen gekennzeichnet. Es handelt sich um eine jahrzehntelange Praxis der Besatzung.

Besatzungssoldat*innen verhaften brutal einen pal. Mann in Jerusalems Altstadt. 25.04.2021

Des Weiteren setzte die Besatzungsarmee exzessive Gewalt an, um jede Form von Protest gegen Besatzung, Landraub, Besatzung sowie in Solidarität mit Jerusalem zu unterdrücken. Dabei wurden mind. 181 Palästinenser*innen, darunter 4 Journalisten & 3 Kinder verletzt.

Besatzungssoldat*innen attackieren einen friedlichen Protest im von Zwangsenteignungen bedrohten besetzten Dorf Beit Dajan im Westjordanland, 30.04.2021

Auch in Jerusalem setzten isr. Besatzungskräfte massive Gewalt ein, um Proteste, die im Zuge der Ereignisse der vorangegangen Woche aufkamen & sich gegen Siedlergewalt, Vertreibung, Besatzung & Polizeigewalt richteten, zu unterbinden. Dabei wurden — allein in Ostjerusalem — 177 Palästinenser*innen, darunter die 4 Journalist*innen. Beispielsweise wurden freiwillige Sanitäter u.a. mit Gummigeschossen verletzt, während sie anderen Demonstrant*innen Hilfe leisteten. Außerdem behinderte Besatzungskräfte absichtlich die Arbeit der Sanitäter*innen in den Gebieten Bab Al Amoud & Bab Al Sahera in der Altstadt & hinderte sie daran, den während der Zusammenstöße Verletzten & Festgenommenen Hilfe zu leisten. Außerdem wurden viele Sanitäter*innen isr. Polizei verprügelt. Zahlreiche Demonstrant*innen erlitten außerdem schwere Atemnot durch das Einatmen von Tränengas. Ein Teil der Metallgitter & Absperrungen, die Bewegungsfreiheit von Palästinenser*innen zu Beginn des Ramadan massiv einschränkten, wurden aufgrund der zunehmenden Proteste abgebaut während der letzten Tage abgebaut, nun aber wieder neu errichtet.

Israelische Besatzungssoldat*innen schließen am 26.04.2021 Bab Huta, eines der Haupttore der Al Aqsa-Moschee im besetzten Jerusalem & verweigern Gläubigen den Zugang zur heiligen Stätte durch das besagte Tor.
Ein junger Palästinenser zelebriet mit Kaffe, dass durch die Proteste die Besatzung letztlich einen Teil der Restriktionen aufheben & vor allem die Metallabsperrungen entfernen mussten, die Palästinenser*innen die Bewegungsfreheit nahmen. 25.04.2021

Nachdem die Besatzung gleich am 1. Tag des Ramadan gezielt muslimische Palästinenser*innen schikanierte & zusätzliche Restriktionen verhängte, die muslimische Gläubige daran hinderten, die Al Aqsa-Moschee zu besuchen & Soldat*innen täglich Gläubige angriffen, sowie am 1. Tag des Ramadan die Lautsprecherkabel der Minarette durchschnitten, um den Gebetsruf zu unterbinden & Hunderten Gläubigen kurz vor dem Fastenbrechen in der Moschee die Mahlzeit wegnahmen, werden nun auch christlich-orthodoxe Palästinenser*innen schikaniert, die nun Ostern feiern. Israelische Streitkräfte verhafteten heute, 01.05.2021, 2 junge Männer, die unter Hunderten von christlichen Palästinenser*innen waren, um in der Nähe der Grabeskirche im besetzten Jerusalem die Feierlichkeiten zum Karsamstag zu begehen. Augenzeugen berichten, dass israelischen Streitkräfte einen der jungen Männer brutal angriffen & dem anderen Handschellen anlegten, nachdem sie an der Grabeskirche ihre Gebete verrichten wollten. Beide jungen Männer wurden in das Verhörzentrum Al Qashlah in der Altstadt gebracht. Außerdem griffen die Soldat*innen mehrere palästinensische Christen in den Straßen, die zur Kirche führen, an, darunter auch Priester.

Trotz der Restriktionen der israelischen Besatzung feierten am Karsamstag, einen Tag vor Ostersonntag, hunderte orthodoxe Christen den HeiligenSamstag in der Grabeskirche im besetzten Jerusalem. Fotos von Afif Amira, 01.05.2021

Freiluftgefängnis Gaza: Der Gazastreifen leidet immer noch unter der Totalblockade der israelischen Besatzung. Die totale Abriegelung hält nun das 14. Jahr in Folge an, ohne jegliche Verbesserung des Personen- & Warenverkehrs, der humanitären Bedingungen & mit katastrophalen Auswirkungen auf alle Aspekte des Lebens. Die Menschen dürfen ohne israelische Genehmigung weder ein- noch ausreisen, es darf nicht exportiert werden, importiert werden darf nur wenig, die Resultate sind Massenarbeitslosigkeit, ein kollabiertes Gesundheitswesen & Lebensmittelknappheit.

Falaffel für das Iftar in Gaza. Aufgenommen diese Woche in der abgeriegelten Enklave.

Auch diese Woche attackierte isr. Militär pal. Zivilisten im Gazastreifen: 5 Mal beschoss die isr. Armee auf landwirtschaftliche Gebiete im Gazastreifen & 6 Mal Fischerboote vor Gazas Küste. So verfolgten bspw. am Montag isr. Kanonenboote, die vor der Küste des Gazasteifens stationiert waren, palästinensische Fischerboote die in einer Entfernung von 400–700m vor der Küste fuhren & eröffneten das Feuer auf das Fischerboot von Awad Abed Al Fattah Mohammed Al Sultan (33). Der ebenfalls auf dem Boot anwesende Fischer Ghaith Eliyan Mohammed Abu Un (33) wurde dabei verletzt.

Am gleichen Tag, den 26.04.2021 erklärte Israel das Meer vor Gazas Küste als “geschlossen” bzw. die Fischerei für Palästinenser*innen verboten, was eine Verletzung der sozialen & wirtschaftlichen Rechte der pal. Fischer & ihres Rechts auf Arbeit gemäß Artikel 6 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale & kulturelle Rechte darstellt. Israel gestatte bisher pal. Fischern einen ohnehin nur einen kleinen Küstenbereich für die Fischerei (15 Meilen), nun war auch dieser verboten. Seit dem 01.05.2021 ist das Verbot vorerst wieder aufgehoben. Aufgrund der nahezu wöchentliche Angriffe auf pal. Fischer, sowie Einschränkung des für das Fischen freigegeben Küstenbereiches ist die Fischereiindustrie der abgeriegelten Küstenenklave um mehr als 50% eingebrochen. Etwa 70.000 Palästinenser*innen sind auf die Fischerei angewiesen, um ihren Lebensunterhalt im vom Armut geprägten Gazastreifen zu bestreiten.

Ebenso drang diese Woche die isr. Armee erneut kurrzeitig mit Militärfahrzeugen in den Gazastreifen ein, genauer in den Osten von Rafah & Khan Younis. Des Weiteren wurden 3 Palästinenser verhaftet, Issam Redwan Al Hissy (21), Bassam Mohammed Abu Tiba (17), & Mohammed Ahmed Shehda Abu Tair (25), nachdem sie den “Grenz”zaun zu Israel überschritten hatten.

Die Abu-Ali-Mustafa-Brigaden — bewaffneter Flügel der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) — meldeten Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen als Reaktion auf die israelische Aktion in Jerusalem. Insgesamt wurden 36 Raketen koordiniert auf Israel abgefeuert, welche teilweise von israelischer Armee abgefangen wurden & sonst auf leeren Feldern niedergingen. Israel reagierte mit mehreren Luftangriffen auf mehrere Orte innerhalb des belagerten Gazastreifens.

Siedlergewalt & Landraub: Die Besatzung ratifizierte diese Woche die Entscheidung, 147.000m² pal. Landes westlich von Bethlehem für den illegalen Siedlungsausbau zu konfiszieren. Des Weiteren kam es diese Woche zu groß angelegten Siedler-Angriffen: Es gab Schießereien & Angriffe auf palästinensische Zivilisten. Außerdem wurden zahlreiche Olivenbäume im gesamten Westjordanland entwurzelt, um pal. Farmer*innen wirtschaftlich massiv zu schaden.

Israelische Siedler haben am Mittwoch den behinderten jungen Palästinenser Fadi Muheisen im im besetzten Jerusalem angegriffen, ihn gewürgt & anscheinend versucht, ihn zu umbringen. Überwachungsvideos zeigen, wie sie auf den jungen Mann im Viertel Silwan losgehen. Das Wadi Hilweh Information Center erklärte, dass die Siedler Fadi verfolgten, ihn auf den Kopf & ins Gesicht schlugen, bevor sie ihn festhielten & versuchten, ihn zu erwürgen. Einheimische in der Nachbarschaft hörten Fadi schreien, woraufhin sie zu Hilfe eilten, um sein Leben zu retten.

Angriff auf Fadi Muheisen am 28.04.2021 in Silwan, besetztes Jerusalem.

Der extremistische zionistische Rabbi Yehudah Glick führte am Mittwoch einen provokativen Einfall in die Al Aqsa-Moschee an, deren Zerstörung er fordert. Dieser fand unter dem Schutz der israelischen Polizei statt. In der Al Aqsa-Moschee & in Jerusalem herrschen seit dem 1. Tag des Ramadan Spannungen. Die israelischen Behörden verhängten Restriktionen gegen einheimische Palästinenser*innen, hinderten Gläubige daran, die Moschee zu besuchen, griffen täglich Gläubige an, schnitten die Lautsprecherkabel der Minarette durch, um den Gebetsruf zu unterbinden, nahmen Hunderten Gläubigen kurz vor dem Fastenbrechen in der Moschee die Mahlzeit weg & erlaubten gleichzeitig Siedlern, in die Moschee einzumarschieren, Gläubige zu provozieren sowie rasstische Aufmärsche & Hetzjagden auf Araber*innen. Zu dem Mob rechtsradikaler, neofaschistischer Israelis am 22.04.2021 gibt es einen extra Beitrag, der hier zu sehen ist:

Keine Bewegungsfreiheit auf eigenem Land: Die Besatzung errichtete 39 neue temporäre Militärcheckpoints im Westjordanland & verhaftete 20 palästinensische Zivilisten an diesen Kontrollpunkten. Insgesamt gibt es 108 permanente Militärcheckpoints. Sie alle schränken massiv die Bewegungsfreiheit von Palästinenser*innen ein. Israelis, einschließlich Siedler, sind hiervon nicht betroffen, u.a. haben sie dafür eigene Straßen, die nur sie benutzen dürfen.

Palästinenser*innen mit israelischer Staatsangehörigkeit in Israel: Seit über 2 Monaten protestieren Palästinenser*innen in Umm Al Faham & Jaffa gegen rassistische Polizeigewalt & deren Komplizenschaft mit kriminellen pal. Banden. Sowohl Polizei als auch rassistische Israelis greifen hierbei die Demonstrant*innen an.

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